Wenn man sich ein paar Minuten ruhig hinsetzt, tief durchatmet und sich die Hand auf die Brust legt, dann spürt man dort ein stetig schlagendes Herz, denn das Herz ist das Organ, welches den Blutkreislauf durch regelmäßiges Zusammenziehen und Dehnen antreibt und in Gang hält. Allerdings ist das Herz oder auch ein anderes Organ nicht bei jedem so gesund, wie es sein sollte – 9.500 Menschen warten derzeit in Deutschland auf ein Spenderorgan. Im Vergleich dazu gab es aber nur 955 Spender:innen im Jahr 2018.
Neben seiner biologischen Funktion wird das Herz aber auch als das Zentrum des Gefühls, des Mutes und der Entschlossenheit bezeichnet – Mut und Entschlossenheit braucht es sicherlich, um eine Entscheidung zu treffen, vor allem wenn es um den eigenen Körper und die Zeit nach dem eigenen Tod geht.
Zu Beginn: Auch wenn die Auseinandersetzung mit Themen wie Krankheit und Tod den meisten Menschen eine gute Portion Überwindung kostet, ist es dennoch wichtig, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob man selbst Organ- und/oder Gewebespender:in sein möchte oder nicht. Denn nur ihr könnt über euren Körper und was damit geschieht, entscheiden. Mit diesem Artikel möchten wir niemanden zu einer Entscheidung in die eine oder andere Richtung drängen, sondern euch dabei unabhängig und ergebnisoffen unterstützen und aufklären.
Was bedeutet Organ- und Gewebespende?
Nach unserem Tod – genauer gesagt nach dem festgestellten Hirntod – können unsere Organe verhindern, dass ein anderer Mensch stirbt. Mit der Entscheidung für eine Organspende erlaubt man also zu Lebzeiten, dass einem nach dem Hirntod die Organe und Gewebe entnommen werden dürfen, um diese einem Menschen zu transplantieren, der ein bestimmtes Organ dringend zum Überleben benötigt. Neben der sogenannten postmortalen (was so viel wie „nach dem Tod“ bedeutet) Organspende gibt es auch die „Lebendspende“. Dabei werden einem lebenden Spender oder einer lebenden Spenderin bestimmte Organe wie eine Niere oder Teile der Leber entnommen. Dies geschieht meist bei einer Spende im engeren Familienkreis, wobei vorher ein gründliches Verfahren eingeleitet wird, bei dem die Kompatibilität von Empfänger:in und Spenderorgan geprüft und psychologische Einzelgespräche und Aufklärungsgespräche geführt werden.
Was kann man sich unter dem Begriff „Hirntod“ vorstellen?
Einfach gesagt, bedeutet der Hirntod den unumkehrbaren Ausfall aller Hirnfunktionen, was die Folge einer schweren Hirnschädigung, zum Beispiel durch eine Hirnblutung oder einen Hirntumor, ist.
Wie man in der Graphik erkennen kann, besteht unser Gehirn grob gesagt aus drei Teilen, dem Groß- und dem Kleinhirn und dem Hirnstamm, die einen hohen Energie- und Sauerstoffbedarf haben. Dieser ist jedoch von einer kontinuierlichen Blutzufuhr abhängig. Wird die Blutversorgung unterbrochen, kommt es zur Schädigung von Gehirnzellen, wobei eine Sauerstoffunterbrechung von wenigen Sekunden zu Bewusstseinstrübungen (Ohnmacht) führen kann und nach wenigen Minuten beginnen die Gehirnzellen, abzusterben.
In der unteren Graphik sieht man rechts ein normal durchblutetes Gehirn und links eine fehlende Durchblutung, die im Falle eines Hirntodes vorliegt.
Wie genau wird der Hirntod festgestellt und ist das Ergebnis auch wirklich sicher?
Wird bei einer Person also der begründete Verdacht festgestellt, dass alle Hirnfunktionen ausgefallen sind, kommt es zur Hirntoddiagnostik, d. h. mit Hilfe mehrstufiger Untersuchungen wird der Hirntod zweifelsfrei festgestellt: Zwei unabhängige Fachärzt:innen mit langjähriger Erfahrung in diesem Bereich führen dann die Diagnostik durch, wobei beide bei einer anschließenden Transplantation nicht anwesend sein dürfen.
Zuerst werden die Voraussetzungen für eine Hirntoddiagnostik geprüft, also ob und warum der Hirnschaden vorliegt und es erfolgt der Ausschluss von anderen vorübergehenden Einflüssen, zum Beispiel Medikamenten oder einer schweren Kreislaufstörung, die für den Zustand der Patient:in verantwortlich sein könnten. Danach kommt es zur Feststellung klinischer Symptome (Anzeichen des Hirntods) wie beispielsweise tiefe Bewusstlosigkeit (tiefes Koma), Ausfall der Hirnstammreflexe und Atemstillstand. Zum Schluss wird dann überprüft, ob dieser Zustand unumkehrbar ist.
Was macht Organspende schwierig?
Es gibt 900.000 Todesfälle pro Jahr in Deutschland, davon sterben 400.000 Menschen im Krankenhaus und davon wiederum wird nur 1% (4.000 Menschen) als hirntot diagnostiziert, was den Hirntod laut Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu einem vergleichsweise seltenen Vorkommnis macht und auch nicht jeder, der als hirntot diagnostiziert wird, spendet letztendlich Organe und Gewebe. Zudem bleibt nur ein kurzes Zeitfenster, um das Herz-Kreislauf-System mit intensivmedizinischen Maßnahmen künstlich aufrechtzuerhalten, um die Organe transplantieren zu können.
Für was kann ich mich in Deutschland entscheiden?
In Deutschland kann man sich mit einer Patientenverfügung oder ab dem 16. Lebensjahr mit einem Organspendeausweis für eine Organ- und Gewebespende entscheiden, während man ab 14 Jahren schon Widerspruch gegen die Spende einlegen kann. Dabei hat man verschiedene Auswahlmöglichkeiten, was man spendet. Alle Möglichkeiten sieht man hier auf dem Bild:
Solltet ihr euch zu euren Lebzeiten nicht für oder gegen die Spende entscheiden, liegt diese Aufgabe im Falle eures Hirntods bei euren Angehörigen, die in eurem mutmaßlichen Sinne entscheiden sollen.
Hier sind noch einmal alle Dinge aufgezeigt, die man spenden oder von der Spende ausschließen kann:

In Deutschland gilt nicht, wie in vielen anderen Ländern Europas wie Belgien oder Österreich, die Widerspruchsregelung, d. h. Organe und Gewebe dürfen hier nur mit eurer oder der Erlaubnis durch Angehörige entnommen werden. Die Spende, Entnahme, Vermittlung und Übertragung von Organen wird hier durch das Transplantationsgesetz (TPG) geregelt und von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) koordiniert.
Was sagt die Bevölkerung zu dem Thema Organspende?
Die BZgA führt regelmäßig eine repräsentative Umfrage zum Thema Organspende durch, wobei 4.000 Menschen aus ganz Deutschland befragt werden. Hier ein paar interessante Ergebnisse:
Überwiegend positive Einstellung zur Organ- und Gewebespende

56% trafen ihre Entscheidung für oder gegen eine Spende
39% dokumentierten diese Entscheidung
Besitzer von Organspendeausweisen steigen -> hier im Zeitvergleich

Unabhängig davon, ob ihr euch für oder gegen eine Organ- und/oder Gewebespende entscheidet, ist es wichtig, dass ihr euch entscheidet. Setzt euch also hin, atmet tief durch, folgt eurem Herzschlag und trefft eine Entscheidung in eurem Sinne. Wenn ihr eine Entscheidung getroffen habt, findet ihr ab
sofort Organspendeausweise in der Medienausleihe an der JGS.
Calantha