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Jakob dichtet

Europa erhebe dich

Colin Rimbach


Europa erwache,

Aus einem Schlaf ohne Traum.

Europa erblicke,

Deinen verwucherten Raum.

Europa flieg hinweg,

Niemand hält dich im Zaum.

Ich flehe, doch sehe nicht,

Europa erhebe dich.


Europa erbaue,

Einen Staat ohne Grenzen.

Europa erkläre,

Wir sind all' deine Menschen.

Europa verwehre uns,

Gegeneinander zu kämpfen.

Ich flehe, doch sehe nicht,

Europa erhebe dich.


Europa erscheine,

In einem göttlichen Glanz.

Europa erweise,

Uns die Ehr' deines Tanz'.

Europa bald nicht mehr,

Empfindlich wie eine Pflanz'.

Ich flehe, doch sehe nicht,

Europa verwehre dich!


Verwehre dich allen,

Zersetzenden Strukturen,

Allen Nationalisten,

Den Pessimisten, den Sturen,

Allen leichten Antworten,

Auf komplexe Probleme,

Allen weit'ren Supermächten,

Jedem Griff nach deiner Seele.


Verwehr dich mit dem Worte,

Mit dem Schwert tut's schon der Rest,

Erreiche jeden Orte,

Jedes Herz in jedem Nest.



Dein'm Patrioten wars oft bang,

Doch selbst wenn er beim Flehen stirbt,

Weiß er sicher, es ist nicht mehr lang,

Da Europa sich erheben wird.



Freunde

Leon Chamä


Ich hab Freunde, die ich mag,

Ich hab Freunde, die ich liebe,

Ich hab Freunde, nach den' ich jag,

Aber die ich irgendwie nie kriege,

Ich hab Freunde, die hasse,

Freunde, von denen werde ich verletzt,

Doch wenn ich sie dann gehen lasse,

Und sie irgendwann vergess,

Dann bleiben Freunde, die mir Freude machen,

Freunde, mit den' ich häufig lache,

Freunde, die mich nicht verstellen,

Eben Freunde und nicht nur Gesell'n.

Dann bleiben Freunde, die nicht jeder hat,

Freunde, die man fürs Leben hat.



Liebe

Leon Chamä


Sie ist eine brennende Rose,

Und fällt auf uns hinab, hinab auf uns'ren menschlichen Schoße.

Gewillt uns're Herzen aus Eis aufzutau'n,

Und dem Geist zu erlaub'n, in Freiheit zu lauf'n,

Greifen wir nach ihr, nur um sie leider zu verlier'n,

Denn selbst die standhafteste Hand kann das Leiden nicht kaschieren.

Und so nimmt man es hin, dass man sie nicht nehmen kann,

Oder gibt sich ihr hin, trägt ihre Schmerzen in der Hand,

Spürt wie sich ihre harten Dornen in die schmelzende Haut,

Bohren und am Ende, bist du sie auch.

Und sie ist du, ein Bündnis aus Schmerz,

Doch du nimmst es hin und drückst sie fest an dein Herz.

Und hast du's nach dieser gar schwierigen Zeit,

Geschafft, taut es auf und Liebe zieht in es ein.



Stabil

Leon Chamä


Während das Scheinwerferlicht trotz, Dessen, dass du früher ein einfacher Nichtsnutz, Warst, strahlt und dir sagt, dass du's geschafft hast, Dass du gemacht hast, was vor dir noch keiner erdacht hat, Wird dir schlagartig bewusst, dass was nicht stimmt. Und der Wecker bestätigt diesen Verdacht krass. Es konnt' nicht sein, wie auch? Du bist nur generisch, Im tiefsten verwerflich ist der Gedanke, dass du irgendwas wert bist. Doch seit Kindheitstagen hältst du daran fest, du seist mehr als grad' genug. Dabei bist du Durchschnitt. Warum hast du noch keinen psychologischen Rat ersucht? Denn selbst wenn du Talent hast, oder klug bist, oder etwas dergleichen, Und das möcht' ich stärksten bezweifeln, Bist du so oder so nicht gerüstet, dich zu schlagen. 120iger IQ? 190 müsst's de haben. Denn egal wie gut du bist, es ist immer jemand guterer, Deutsch, Mathe, Politik oder eben am Computer, ja! Du kannst nichts erreichen. Und da der Mittelstand bald nicht mehr ist, Gehörst du dann wohl eher, doch, joa, in die Unterschicht. Ich möcht' nicht erreichen, dass du deine Träume vergisst, oh mein Gott! Denn ohne Träume hält dich nichts an deinem beschissenen Job. Aber geh denen nicht zu sehr nach, du entsprichst halt den Kriterien nicht, Kein Überflieger, ne, also schreib mal lieber den Bericht. Denn ich mein' mit genug Mühe, Gibt dir der Job hier 'n stabiles Einkommen, wer brauch' schon 'ne große Bühne. Also probier's nicht, denn wenn du's probierst, Schläfst du bald nicht mehr unter Daunen, sondern unter Papier.



So circa Tausendundzehn days after

Leon Chamä


Wie viele Tage seit dem Ausbruch? - So ca. 1.010, Keine Ahnung, alle and'ren hab'n schon aufgehört zu zähl'n. Ich glaub' ich kann's verstehen, denn es zerstört den Frohsinn dann, Wenn man dran denkt, dass man jede Sekunde tot sein kann. ​ Ich erwach' und zieh mein Mundschutz auf, man denkt wohl, ich muss doof sein, Eltern beide bereits tot, doch Macht der Gewohnheit. Dann verlasse ich das Haus - heutzutage schon gewagt. Der Himmel ist so blau, doch ich weiß heut' wird's nur so lala. Wie jeden and'ren Tag, doch ich kann ich mich glücklich schätzen, Während ich mich im Bus neben meinen Nachbar setze. ​ Denn früher trug niemand ne Maske - "Voll unbequem der Stuss", - "Ich kann das Lächeln von Person' nicht seh'n." - "IcH kRiEgE kEiNe LuFt!". Es gab noch nicht mal Likes, wenn man sich um doofe Menschen sorgte, Doch zum Glück ist die Maske dann ein Modetrend geworden. Jetzt trägt jeder eine, Alter, ich kann's gar nicht glaub'n, Selbst die Kinder in Afrika, wenn sie eine aus der Fabrik klau'n. Apropos Fabrik, willkommen in den 3.000 Wänden, Die man Schule nennt, in denen die Regeln einfach so whack sind, Dass sie mehr Infektionen erzeugen, als billige Fleischproduzenten. Vor allem das erste Jahr war scheiße, Da konnt' man sich nicht retten vor den ganzen Trau'ranzeigen. Oft die Mutter tot, da und hier die Oma, Man hat's so lang getrieben bis die Großfamilie tot war. Auch die Lehrerschaft konnte das nicht überleben, Jetzt unterrichten uns Studenten, die dürften früher nur vertreten. Der älteste Lehrer, den ich seither bis heute hatte, War 35, doch eben kam die Durchsage, dass auch der es nicht schaffte. Keiner ist immun und der Impfstoff in Vergessenheit, Der Bund weiß nicht was tun, während die Leute flächendeckend schrei'n. Und um Deutschland zu retten, manche sagen, das wär' schon fies, Leistet man seit letztem Monat nach der Schule auf unbegrenzte Zeit Reproduktionsdienst.



Alles... Gute...

Leon Chamä


Wo ist die kindliche Freude, Wenn man das Gesinge der Leute, (Oder Gewinsel und -heule...) Durch die Zimmer verläutet? Wenn man das letzte Mal in seinem alten Alter schlafen geht, Und als neuer Mensch seinen ersten Tag erlebt? Wenn man das erste Geschenk in rotem Papier, Aufreißt ohne zu wissen, was sich dahinter Großes verbirgt? Wo sind die Momente, wenn die Kuchen mit Kerzen - übrigens eine unerkannte Gefahrenquelle, Dir wie Wunderkerzen den Tag erhellen und du ihnen nachdem du einen Sprung gemacht hast den Strahl entwendest? Wenn du pustest und wünscht, es aber niemandem sagst, Weil es sonst nicht in Erfüllung geht? Wenn du richtig Spaß, Mit deinen Freunden und Familie hast, Mit Leuten, bei denen die Liebe platzt, Ne Meute, die dich zufrieden macht? Doch heute erlebst du nie mehr was. Als wärst du etwas Scheues sagst du Termine ab. Und hast nur Freude, hat dir jemand nen Kasten Bier gemacht. Und so betrinkst du dich. Niemand knallt und jubelt. Doch Kopf hoch, nur noch 60 Mal: "Alles...Gute...".



Spiegel

Leon Chamä


Und er steht Nachts vor'm Spiegel voller Hass und brüllt sich an, Ja er steht Nachts vorm Spiegel, weil er keine Gedichte schreiben kann. Und er steht Nachts vorm Spiegel, auf dem Weg wär er fast gestolpert, Denn die Augen war'n voller Trän'n, dabei wünscht er sich doch nur, dass er Erfolg hat. Und er steht Nachts vorm Spiegel mit Hass, der für drei Morde reicht. Ja er steht Nachts vorm Spiegel und wünscht sich er würde sportlich sein. Und so steht er vorm Spiegel, Tränen fall'n auf schäbige Fliesen, Und so steht er vorm Spiegel und wünscht sich, er könnte die Nähe von nem Mädchen genießen. Und so steht er vorm Spiegel, fragt sich warum's ihn gibt, Und so steht er vorm Spiegel, träumend er sei beliebt. Und so steht er vorm Spiegel, Neonlicht, das ich den Augen kratzt. Und so steht er vorm Spiegel und wünscht sich, er hätte mit ihr blau gemacht. "Sie", das ist Maja. Sie ist alles, was er gern wär. Sportlich, hübsch, beliebt, erfolgreich und noch so viel mehr. Sie ist außerdem sein Crush, sie hätten heut fast blau gemacht und Spaß gehabt. Doch auch Maja steht vorm Spiegel. Voller Hass brüllt sie sich an, Weil sie trotz Erfolg und Freunden keine Gedichte schreiben kann. Und so steh'n sie vorm Spiegel, voller Hass, das Auge tränt Und so steh'n sie vorm Spiegel ohne zu wissen, dass es dem and'ren auch so geht. Und so steh'n sie vor'm Spiegel, ziemlich nackt, wie Gott sie schuf, Ein Tropfen Blut verlässt die Kehle, und zur Lache komm'n noch einige hinzu



Spurensuche

Leon Chamä


Ich hab' es tagelang probiert, hab' tagelang gesucht, Nach dem Typen, der die Texte schreibt, den fand ich ziemlich gut. Vielleicht verrät seine Lyric, die er tagtäglich, oder, Vielleicht auch nur eher ein Mal im Monat, In die Welt spittet, seine Identität. Warum verbirgt er sie? Geht er einen kriminellen Weg? Oder weil ihn niemand versteht? Oder weil er Angst davor hat? Ach, was, neee. Ersteres ist ganz klar der Fakt. Seine Texte reichen von klammernden Partnern, Bis zu Situationen, die in Wahrheit nie da war'n. Ostern 2020 und normale Tage, Nur dass ich dieses Jahr Ostern sehrwohl beim Pater war! Der langen Rede gar kein Sinn: Leon ich weiß, Dass du verlogener Mittelstüfler ■■■■■ heißt! Doch da ich durch Zensur hier nicht zum Reden komm', Bleibt Leon Chamä, ein Chamäleon.



Ein normaler Tag

Leon Chamä


Ich fütter' Enten, wie bei BILD Autoren, Da rasen wild Motoren, Die Straße herunter, Und ich frage mich munter, Was der Tag bringen mag und da! Was ein Wunder... ​ Der Hipster sippt seinen Dinkelsmoothie, Und winkt der Susie, Aus der Distance zu, sie, Fühlt sich sexuell belästigt und, Startet 'ne "Me Too" Kampagne, gegen diesen dreck'gen Hund. ​ Auf der and'ren Straßenseite steigt Paul Ole aus dem SUV, Fresh wie nie, steppt er in die Kita, mit wetterfesten Jeans. Ihm könnte es so gut geh'n, doch seine Kampfhubschraubereltern, Die ihm erst kürzlich 'nen viel zu großen Tanzkursraum bestellt hab'n, Wollen seine Maserleiden, Mit Ingwertee und Hafer heilen. ​ Da gestern nach dem Meeting und dem Barbesuch, Ihr seriöser Dealer keine Ware trug, Spürt sie heut' morgen im Schlafanzug, Dass ihre Depressionen kicken, kaum Ins Auto gestiegen rast der Jaguar in den linken Baum. ​ Und so sitz' ich auf der Parkbank und warte da, Dass endlich was passiert - war bis jetzt 'n normaler Tag.



Ostern 2020

Leon Chamä


Die Sonne scheint, doch die Zukunft scheint nicht rosig. Die Rosen blüh'n, weil sie nicht wissen, was los ist. Die Bäume schlagen aus, doch keine Medizin schlägt an. Der Regen kommt und geht, doch wir gehen in kein and'res Land. ​ Wir bleiben in uns'ren Zimmern ohne and'ren zu begegnen, Und werden anstatt Ostereier zu bemalen, Atemmasken nähen. Gründonnerstag gibt's Schnittlauch aus dem Garten zum Toilettenpapier, Und Karfreitag wird der Fisch samt Plastikinhalt beim Essen serviert. ​ Ostersamstag geht's noch nicht mal in den Garten, denn die Wärme, Benimmt sich so, als ob es Mitte Juli wäre. Und Ostersonntag pünktlich zum Glockenschlach', Findet der Gottesdienst, doch nicht statt. ​ Die Großeltern schicken keine Grüße da, Ihre Internetverbindung mit Mühe g'rad, Mal Whatsapp lädt, Und weil "das doch nicht geht", Kommt nächste Woche ne Karte, die sich dank der Post verspätet. ​ Währenddessen balancieren Eltern zwischen Homeoffice und Heimwerker, Küchenchef und Kleingärtner, Und so sehr sie sich bemühen, sie sind leider kein Lehrer. ​ Die Kinder würden zu Ostern gern was Großes haben, Doch der momentane Lohn erlaubt nicht mal 'nen Schokohasen. Und so kriegen sie Blätter mit Parabeln voller, Aufgaben und schlussendlich 'nen Lagerkoller.



"Fröhlichen Valentinstag..."

Leon Chamä


Liebe liegt in der Luft. Trauer fällt zu Boden. Oder so ähnlich, jedenfalls musste er Geschenke holen. Wer er war, war nicht wichtig, Wichtig war nur sie. Nicht nur am Tag der Liebe, war er vor ihr am Knien. War nur vor ihr am Knien, denn alle vor ihr waren nichts. Nur 'ne Hülle ohne Seele, ohne Lächeln im Gesicht. Nun ging er los. Sie kam nicht mit, war schon am Träumen. Er wollte nur das Beste für sie, das konnte man nicht leugnen. Jahre zuvor gab's Umarmungen und Collagen, Selbstgemachte Geschenke, die Seele hatten. Keine Massenware, Das waren krasse Jahre, Die er zu fassen wagte, Aber glatt versagte. Die Liebe, ihr Lächeln, die Küsse, ihr Charm, Er hielt sie, Tränen wegdrückend in seinen Arm'. Und als er so über ihre Vergangenheit nachdachte, kam, Ihm die Idee nach Haus zu gehen und bald bei ihr zu schlaf'n. Anstatt sie zu überraschen mit Geschenken und zwar tollen, Einfach bei ihr zu sein, aber das würde sie nicht wollen. So kam er aus der Mall, und zwar der großen, raus, In der Hand haltend einen ganzen Rosenstrauß. Suchte ihr ne Hose aus, Und nahm die Beute mit, Auch wenn es Leute nicht, verstehen beugt er sich, Auf dem Friedhof vor sie hin und, Da sie rötliche Alltagsjeans mag, Legt er sie auf ihr Grab. "Fröhlichen Valentinstag..."

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