Dieser Artikel ist Teil unserer neuen Klartext-Serie, in der wir über Themen schreiben, die uns alle betreffen und über die wir reden müssen. Dazu nehmen wir gern Deine Erfahrungen, Geschichten und Meinungen auf! Schreib uns einfach.
"Noch zu gut erinnere ich mich an eine kleine Party im Sommer letzten Jahres (in einer Zeit, in der Corona wirklich nur eine Biersorte war) , zu der ich mit der strikten Überzeugung ging, keinen Alkohol trinken zu wollen – einfach, weil ich keinen trinken wollte. Am Anfang gab man sich damit zufrieden, dass ich bei einer Cola blieb (eigentlich auch nicht meins, aber immerhin cooler als „Sprite“ oder „ein Wasser“ – dachte ich), bis man uns einfach so irgendein undefinierbares, gelbes Getränk hinstellte, was zunächst nach einer synthetisch hergestellten, exotischen Fruchtsorte und im Abgang nach einer unschönen Mixtur aus Sekt und einer weiteren Spirituosensorte schmeckte – kurz gesagt: überhaupt nicht meins, eklig. Eigentlich hätte ich es gar nicht trinken dürfen, aber was macht man, wenn andere dabei sind? Richtig, man trinkt eben doch mit. Es ist eben wirklich einfacher, mitzutrinken, anstatt „Nein“ zu sagen und vielleicht schief angeguckt zu werden – aber man sollte nicht einfach aus Bequemlichkeit irgendwo mitziehen.
Ich verurteile niemanden, der gewissenhaft Alkohol trinkt, denn jeder kann selbst entscheiden, was man konsumieren möchte oder was auch nicht. Trotzdem sollte niemand verurteilt werden, der bewusst nicht oder nur wenig trinkt. Der Konsum ist mittlerweile so normal, dass es schon als unnormal gilt, nichts trinken zu wollen. „Streber“, „Spießig“, „Langweilig“, „ohne Alkohol kann man doch keinen Spaß haben“ – es ist nur eine Auswahl von den Dingen, die ich immer mal wieder zu hören bekomme. Ich möchte einfach frei entscheiden können, was ich konsumiere und was auch nicht - egal, ob es jetzt einfach ein Wasser, eine Cola oder doch Alkohol ist. Die Hauptsache ist, dass ich es freiwillig trinke.
Was noch zu sagen bleibt: Zieh nicht einfach mit und trau Dich, „Nein“ zu sagen, egal, wie schwer es sein mag. Es ist Deine Entscheidung, was Du trinkst und was eben nicht – und die solltest Du treffen, ohne Dich dabei von anderen überreden zu lassen oder zu denken, man würde Dich deswegen ausgrenzen. An die anderen: Kennt Eure Grenzen und trinkt mit Verstand. Denn immerhin retten Euch diejenigen, die noch nüchtern(er) sind, wenn ihr stürzt, bewusstlos werdet oder sonst etwas passiert.
Also: Auf ein gesittetes und zwangloses Trinken. Prost!"
(persönliches Erlebnis mit Bitte um anonyme Veröffentlichung)
Nach einer Studie von Daniel Haun und Michael Tomasello fängt es schon im Kindergartenalter an: Gruppenzwang. Man verändert seine Persönlichkeit und seinen Charakter, sein Verhalten und ganz oft auch seine Meinung oder Einstellung - aber warum eigentlich?
Das fragen sich bestimmt oft Personen, die nicht von Gruppenzwang betroffen sind oder es nicht merken. Die Antwort ist meiner Meinung nach einfacher, als man denkt: Man möchte dazu gehören, ein Teil einer Gruppe oder Clique sein und man möchte sowohl von der Gruppe als auch von anderen akzeptiert werden. Aber liegt es nur daran oder gibt es vielleicht noch andere, nicht so offensichtliche Gründe? Haben wir vielleicht Angst, wenn wir allein sind, Angst ausgelacht oder sogar gemobbt zu werden, wenn man etwas Falsches sagt oder tut, weil andere es anders sehen? Gruppenzwang mag unterschiedliche Gründe haben und doch waren fast wir alle schon mal in einer solchen Situation: in unserer kurzen Umfrage über Instagram, an der über 70 Schülerinnen und Schüler teilgenommen haben, haben fast 90% schon mal eine Situation mit Gruppenzwang erlebt. In der Schule, auf einer Party oder im Verein war jeweils schon mal die Hälfte der Befragten von Gruppenzwang betroffen gewesen. Die weiteren Ergebnisse der Umfrage findet ihr in der Bildergalerie.
Gruppenzwang oder generell Gruppensituationen können manchmal kompliziert, beängstigend oder belastend sein. Auch wenn Du Dich in Deiner Situation vielleicht einsam oder allein gelassen fühlst - Du bist nicht allein. Meistens hilft es dann, mit anderen darüber zu reden. Bei sowas sind vor allem eure Freundinnen und Freunde, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, aber auch die Schulsozialarbeit Ansprechpartner, an die ihr euch jederzeit wenden könnt. Frau Maentel-Pogodsky, die Schulsozialarbeiterin der Jakob Grimm Schule, ist Dienstag- und Mittwochvormittag in der Braacher Straße (große JGS, im Treppenhaus von den Musikräumen) und montags und donnerstags in der Bernhard-Faust-Straße anwesend. Sie hat keine festen Sprechzeiten, ihr könnt also einfach vorbeikommen oder per Mail oder per Telefon (06623 - 8069 665 oder 0172 - 68 90 609) einen Termin vereinbaren.
Hast Du selbst Erfahrungen mit Gruppenzwang gemacht, die Du mit uns teilen möchtest? Dann schreib uns direkt anonym! Gerne lesen wir auch Deine Meinung und nehmen sie hier mit auf.
Themenvorschläge für die Klartext-Serie nehmen wir auch gern entgegen :)
Leonie