54 Parteien sind zur Bundestagswahl zugelassen – um Wahlberechtigte bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, gibt es verschiedene Tools.
Es ist eine große Zahl: 54 ursprünglich zur Bundestagswahl zugelassene Parteien. Die etwa 60,4 Millionen Wahlberechtigten haben letzten Endes auf ihrem Stimmzettel noch die Wahl zwischen den Landeslisten und Direktkandidat:innen von insgesamt 47 Parteien, da sieben Parteien aus unterschiedlichen Gründen nicht an der Wahl teilnehmen. Somit stehen auch 47 unterschiedliche Wahlprogramme zur Verfügung – um die Wählerinnen und Wähler dabei zu unterstützen, die Wahlprogramme mit den eigenen Ansichten zu vergleichen, gibt es mehrere Wahlentscheidungshilfen, die wir im Folgenden vorstellen werden.
Solche Wahlentscheidungshilfen, zu denen unter anderem auch der Wahl-O-Mat zählt, können den Wählerinnen und Wählern zwar nicht die Entscheidung abnehmen, wen sie auf dem Stimmzettel wählen, aber sie können eine gute Orientierung bieten. Dennoch ist es ratsam, sich ebenfalls zusätzlich mit den Wahlprogrammen der Parteien auseinanderzusetzen.
Wahl-O-Mat
Eine der bekanntesten digitalen Entscheidungshilfen ist vermutlich der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung, der seit dem Jahr 2002 angeboten wird. Für die Bundestagswahl 2021 wird der Wahl-O-Mat voraussichtlich ab dem 2. September online verfügbar sein.
38 Thesen, von denen bestimmte Themen auch doppelt gewichtet werden können, werden über das Frage-Antwort-Tool mit „stimme zu“, „stimme nicht zu“, „neutral“ und „überspringen“ beantwortet, woraufhin das System den Grad der persönlichen Übereinstimmung mit acht ausgewählten Parteien vergleicht (Anmerkung vom 3. September 2021: In diesem Jahr können erstmals alle Parteien im Vergleich ausgewählt werden). Alle zur Wahl zugelassenen Parteien haben die Thesen des Wahl-O-Mats beantwortet und können miteinander verglichen werden. Zudem können die Begründungen der Parteien zu den einzelnen Thesen eingesehen werden.
Kritisiert wird am Wahl-O-Mat unter anderem, dass die Auswahl der Thesen auf Basis der Parteiwahlprogramme erfolge: Herausgesucht werden dabei die „wichtigen und zwischen den Parteien umstrittenen Punkte“, die nicht immer zwingend die von der Bevölkerung als wichtig angesehenen Themen sein müssten. Zudem sei das Ja-Nein-Schema gerade bei komplexen Fragestellungen schwer anwendbar und könne es erschweren, kleine Differenzen zwischen den Wahlprogrammen der Parteien zu erkennen.
Wahlkompass
Der Wahlkompass ist ähnlich wie der Wahl-O-Mat aufgebaut: 30 Thesen können mit „Stimme vollkommen zu“, „Stimme zu“, „Neutral“, „Stimme nicht zu“, „Stimme überhaupt nicht zu“ und „Keine Meinung“ beantwortet werden. Verglichen werden können dabei alle Parteien, die bei der Europawahl 2019 mindestens einen Sitz gewonnen haben. Die 30 Thesen wurden von Forscherinnen und Forschern durch eine Wahlprogramm- und Medienanalyse ausgewählt.
WahlSwiper
Der WahlSwiper richtet sich vor allem an jüngere Wählerinnen und Wähler, da er an das Prinzip der Dating-App Tinder erinnert: 36 Thesen können per „Swipe“ auf dem Bildschirm mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet oder übersprungen werden. Die Thesen können auch hier doppelt gewichtet werden. Alle zur Wahl zugelassenen Parteien konnten die Fragen beantworten, die von einem Team aus Politikwissenschaftler:innen verschiedener Universitäten entwickelt wurden. Zu jeder These gibt es außerdem kurze Erklärvideos und -texte.
Die Antwortmöglichkeiten, die sich nur auf „Ja“ und „Nein“ und nicht auf „Vielleicht“ begrenzen, würden die Parteien laut eigenen Angaben zwar „ins Schwitzen“ bringen, aber den Wähler:innen bei der Entscheidung helfen.
Klimawahlcheck
Da der Umgang mit dem Klimawandel bei der aktuellen Wahl eine große Rolle spielt, gibt es den Klimawahlcheck, der die Wahlprogramme der Parteien vor allem zum Thema Klima- und Umweltschutz vergleicht. Dafür wurden die Wahlprogramme der CDU, Grünen, FDP, Linken und der SPD ausgewertet – die AfD ist im Klimawahlcheck nicht vertreten, da sie den menschengemachten Klimawandel leugne und den Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen fordere. Der Klimawahlcheck wurde von der Klima-Allianz Deutschland, GermanZero und dem NABU entwickelt.
Die Abstimmung der Thesen, die mit kurzen Hintergrundinformationen versehen sind, verläuft über ein Ampelsystem (von „gar nicht“ bis „vollkommen“) und ist in sechs Themenkomplexe unterteilt. Am Ende kann man die Gesamtauswertung einsehen.
Sozial-O-Mat
Der Sozial-O-Mat fokussiert sich vor allem auf die sozialen Themen Arbeit, Gesundheit, Familie und Kinder sowie Migration und ist ein Informationsangebot der Diakonie Deutschland. Insgesamt können 20 Thesen mit „Zustimmen“, „Neutral“ oder „Ablehnen“ beantwortet werden. Zu jeder These gibt es Hintergrundgeschichten, zu den Themenkomplexen jeweils noch weitere Informationen. Der Sozial-O-Mat vergleicht die Parteien, die im aktuellen Bundestag vertreten sind.
Wahltraut
Neben dem Klimawahlcheck und dem Sozial-O-Mat gibt es mit Wahltraut eine weitere Wahlentscheidungshilfe, die sich auf einen bestimmten Themenkomplex fokussiert. Wahltraut wird getragen von der Kampagne #stattblumen, die die Benachteiligung von Frauen während der Corona-Pandemie aufgezeigt hat, und ist auf feministische und gleichstellungspolitische Themen fokussiert. 32 Thesen können mit „Stimme zu“, „Neutral“ und „Stimme nicht zu“ beantwortet werden. Verglichen werden am Ende die Parteien im aktuellen Bundestag mit Ausnahme der AfD – diese habe die Fragen nicht beantwortet. Die Thesen wurden durch ein Gremium aus Verbänden, Organisationen und Expert:innen für frauenpolitische Themen ausgewählt.
DeinWal
Im Gegensatz zu den vorherigen Wahlentscheidungshilfen hat DeinWal nicht die Positionen der Parteien, sondern das tatsächliche Abstimmungsverhalten der vergangenen Legislaturperiode analysiert. Zu den Fragen, die nach Themenkomplexen geordnet werden, gibt es zudem weitere Informationen, wie das Datum der tatsächlichen Abstimmung, die Debatte aus dem Bundestag, die Bilanzen der Abstimmung und je nach These noch Hintergrundinformationen zum Thema. Hinter DeinWal stehen zwei Privatpersonen, die nach eigenen Angaben politisch und finanziell unabhängig arbeiten.
Redaktion